emi

Stuttgort und München

Diese CD-Box steht in direkter Konkurrenz zu einer im vergangenen Jahr von EMI veröffentlichten. Während EMI Celis späte Bruckner-Aufnahmen mit den Münchner Philharmonikern präsentiert, dokumentiert die Deutsche Grammophon seine früheren Jahre als Chefdirigent der Radio-Sinfonieorchester in Stockholm und Stuttgart. Im Vergleich fällt als erstes auf, dass Celi im Laufe seines Lebens die Tempi immer mehr verbreiterte. Die geringsten Tempodifferenzen sind denn auch bei der dritten Sinfonie festzustellen, bei der zwischen der Münchner und der Stuttgarter Aufnahme nur sieben Jahre liegen. Bei den Mitschnitten der vierten hingegen, die fast 20 Jahre auseinander liegen, beträgt die Differenz immerhin schon zehn Minuten. Und während Celis brummendes Organ in den Münchner Aufnahmen nur sehr selten zu hören ist, riss ihn die Musik in jüngeren Jahren offenbar häufiger zu spontanen Ausrufen hin.

Schwer zu sagen, welche Lesart die bessere ist. Musikalisch überzeugender, wenn auch konventioneller, sind die erstaunlich frisch restaurierten Aufnahmen der DG, introvertierter, heroischer und individueller die Spätwerke aus München. Hier macht der Exzentriker seinem Ruf alle Ehre, indem er die Partituren geradezu mystifiziert und oft bis an die Grenze des Erträglichen zerdehnt, ohne den Spannungsbogen zu zerreißen. Das ist große Kunst, aber dem Verständnis der Musik nicht unbedingt förderlich.

Eindeutiger zu beantworten ist die Frage, welches das bessere Orchester ist. Da haben die Münchner klar die Nase vorn; ihr Klang ist in den Bläsern homogener und samtweich in der Streicher-Sektion. Auch scheint das Publikum in München disziplinierter gewe sen zu sein.

Peter Kerbusk
FonoForum September 2000
©Copyright FonoForum

zurück